In Federland verdichten sich experimentierfreudige Erzählstrukturen zu einem umfassenden Gesamtwerk. Das genreübergreifende Konzeptalbum versteht sich gleichzeitig als dystopischer Soundtrack, wie auch als futuristischer Ausflug in die weiträumigen Gefilde des Elektropop. In spielerischer Leichtigkeit spannt Federland einen Bogen von Ambient über Downtempo hinüber zu Trip Hop. Das Album liefert einen imaginären Reisebericht ab durch eine Landschaft, die sowohl in der inneren wie in der äußeren Realität zu verorten ist.
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Inspiriert von einer bisher unveröffentlichten Kurzgeschichte meines Kollegen typxrydxr bestand das Album zunächst für einige Zeit aus einer Hand voll Zeichnungen und Feldaufnahmen. In der ursprünglichen Geschichte stellt Federland eine Art paradiesisches Refugium dar, in dem sich Künstler ein Stelldichein geben. Durch äußere Umstände wurde die Geschichte des Albums allerdings aus dem Kontext enthoben, damit sie ihren ganz eigenen Verlauf nehmen konnte.
Während ich an einem lauen Sommerabend gerade ein DJ-Set mit eigenen Stücken spielte, kam spontan ein Mann aus dem Publikum nach vorne. Wir hatten uns zuvor über ästhetische Prinzipien und den Niedergang der Kultur unterhalten. Er schlug vor, spontan mit dem Fahrrad nach Hause zu fahren, um seine Violine zu holen, um damit das Set zu bespielen. Wie sich erst später herausstellte, handelte es sich bei dem Instrument um eine wertvolle Antiquität. Ob ihr mit der spontan eingerichteten Mikrofonierung überhaupt entsprechend Tribut gezollt werden konnte, bleibt fragwürdig. Das Publikum jedenfalls war von diesem Überraschungsauftritt sehr angetan. Was heute noch in Erinnerung bleibt, ist der Kommentar einer enthusiastischen Tänzerin: „Mit dieser Geige kannst du mich umbringen!“
Jedenfalls wurde der Violinist - fasziniert von seinem leidenschaftlichen Spiel - in mein Studio eingeladen, um dort improvisiertes Material aufzuzeichnen. Als er anschließend selbst von den Ergebnissen und der emotionalen Wucht des eigenen Spiels überrascht war, erklärte er sich mit der Verwendung der Aufnahmen nur unter folgender Bedingung bereit: “Du musst mir versprechen, dass du das Stück auch wirklich in der absoluten Zerstörung enden lässt.” Es wurde eingewilligt, auch wenn unklar blieb, was er damit überhaupt sagen wollte.
Der so entstandene Titel End Of The Word markiert den dramatischen Türöffner in die Welt von Federland. Eine Welt, die immer mehr ihre eigene Anziehungskraft entwickeln sollte. Im Zuge dieser Auseinandersetzung wurden Themen sichtbar, die sich wie aus dem kollektiven Unbewussten heraus aufzudrängen schienen. Es tauchten Szenen dystopischer Kriegsszenarien auf, aber auch solche der Erneuerung und des Wiederaufbaus.
Die Texte, die ich aus meinen Aufzeichnungen entwickelte, stießen auch bei befreundeten Musikern auf Resonanz. Dies führte dazu, dass sie das Album mit ihren Stimmen und ihren Instrumenten bereicherten. Während Titel wie War Within sich mit spannungsgeladenen Beziehungsstrukturen beschäftigt, erlaubt sich Catacombs, auf den Ruinen der alten Welt zu tanzen. Soldiers hingegen fungiert als versöhnliche, ermutigende Geste, sich der Ungewissheit des Lebens anzuvertrauen. Der Song reicht einem die Hand, wenn Liv Lux singt: “Now you are here on your own. Not for nothing. Keep on holding. Just hold on. You are born to be a part of soul.”
Rückblickend hat sich überraschenderweise gezeigt, dass Federland nicht der ursprüngliche Soundtrack aus einem gelobten Land geworden ist. Es ist ein Trennungsalbum geworden, dass sich auf verschiedenen Ebenen mit Verlust auseinandersetzt, mit dem Auseinanderbrechen gewohnter Strukturen und dem Aufwachen in einer veränderten Welt. Letztendlich obliegt es dem Hörer, sich für die eigenen Bilder zu öffnen, die sich ihm durch das Album offenbaren.